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Aktuelle Rechtsprechung

2017

*OLG Düsseldorf v. 7.12.2017 - II-1 UF 151/17: Aufhebung der gemeinsamen Sorge trotz Inaussichtstellung einer Sorgerechtsvollmacht
Die Mutter begehrte die Übertragung der Alleinsorge für das Kind wegen der erheblichen Streitigkeiten der Eltern. Sie hatten bezüglich des Kindes bereits acht gerictliche Verfahren geführt. Der Vater versuchte eine Übertragung der Sorge auf die Mutter u.a. dadurch zu verhindern, dass er in Aussicht stellte, ihr eine umfassende Sorgerechtsvollmacht zu erteilen.
Das OLG billigte die Übertragung der Alleinsorge auf die Mutter wegen der erheblichen Streitigkeiten der Eltern, die es im Einzelnen darlegte. Den auch bei Abgabe einer Sorgerechtsvollmacht durch den Vater fehle es schlicht an einer hinreichenden Grundlage für die Ausübung der gemeinsamen Sorge. Ähnlich (und ausführlich) argumentierte das OLG Karlsruhe, FamRZ 2015, 2178, dagegen meinte das OLG Schleswig, FamRZ 2012, 1066, dass eine Sorgerechtsvollmacht regelmäßig der Aufhebung der gemeinsamen Sorge entgegenstehe (was allerdings nicht bedeutet, dass es bei vergleichbaren Elternstreitigkeiten wie hier ebenfalls die gemeinsame Sorge aufgehoben hätte).

*OLG Bremen v. 24.11.2017 - 4 UF 61/17, FamRZ 2018, 273: Schadensersatz wegen Verstoß gegen eine private Umgangsvereinbarung
Die Eltern hatten vereinbart, dass die Kinder in den Sommerferien zunächst mit der Mutter bei deren Familie in der Türkei verbringen und anschließend mit dem Vater bei dessen Familie. Die Mutter (bzw. ihre Familie) gab zwar die Kinder an den Vater heraus, nicht jedoch die Reisepässe, die der Vater für die Rückkehr mit den Kindern nach Deutschland benötigte.
Das OLG sprach dem Vater wegen Verstoßes gegen die Umgangsvereinbarung den Ersatz der Kosten zu, die dieser für die Beschaffung der Reisepässe hatte (insbesondere Kosten des beauftragten Anwalts).

*OLG Düsseldorf v. 31.8.2017 - II-1 UF 113/17, FamRZ 2018, 128: Widerruf der Zustimmung zur Sorgeübertragung
Die Zustimmung zur Übertragung der elterlichen Sorge kann auch im Beschwerdeverfahren noch widerrufen werden, weil es sich um eine zweite Tatsacheninstanz handelt und das Verfahren nicht auf die Prüfung von Rechtsfehlern beschränkt ist (ebenso bereits OLG Zweibrücken, FamRZ 2011, 992 und OLG Brandenburg, FamRZ 2014, 1714).
Auch im Beschwerdeverfahren hat die frühere Vereinbarung freilich noch Indizwirkung, d.h. das Beschwerdegericht muss prüfen, welche Gründe für den Widerruf vorgebracht werden.

*OLG Naumburg v. 30.6.2017 - 4 UF 64/17: Herausgabe des Kindes an den mitsorgeberechtigten Elternteil
Die Eltern trafen eine schriftliche vereinbarung, wonach das Kind im Haushalt der Mutter leben soll unter der Bedingung, dass sie dem Vater angemessenen Umgang gewährt. Als die Mutter den gerichtlich festgelegten Umgang nicht gewährte, verlangte der Vater unter Berufung auf die Vereinbarung das Kind heraus.
Das OLG lehnte die Herausgabe des Kindes - m.E. im Ergebnis zu Recht - ab. Entgegen der Auffassung des OLG ist Grund hierfür jedoch nicht, dass die Eltern grundsätzlich nicht eine private Vereinbarung über die Herausgabe des Kindes treffen können - dies ist durchaus möglich, wenngleich bei der gerichtlichen Entscheidung über die Herausgabe des Kindes eine widerrufene Vereinbarung lediglich Indizwirkung für die gerichtliche Herausgabeentscheidung hat. Auch eine solche Indizwirkung konnte die Vereinbarung im vorliegenden Fall allerdings nicht haben, weil nicht hinreichend deutlich vereinbart war, dass das Kind bei einem Verstoß gegen die Umgangsregelung automatisch zum Vater wechseln soll.

*KG Berlin v. 2.2.2017 - 13 WF 163/16, FamRZ 2017, 1061: Widerruf der Zustimmung zu einer Urlaubsreise nach Thailand
Die Mutter teilte dem Vater mit, sie ziehe ihre erteilte Zustimmung zur einer Urlaubsreise des Kidnes nach Thailand zurück, nachdem es dort Bombenanschläge gegeben habe.
Das KG bestätigte die Entscheidung des AG, das festgestellt hatte, dass der Vater gleichwohl berechtigt sei, mit dem Kind nach Thailand zu fliegen. Die Beschwerde sei nach § 57 Satz1 FamFG bereits unzulässig, weil der mitsorgebrechtigte Vater im Rahmen seines Umgangs allein über das Urlaubsziel entscheiden dürfe, solange die Reise keine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind sei. Dies sei aber trotz der Bombenanschläge nicht gegeben, denn die Anschläge hätten sich in einem ganz anderen Landesteil ereignet, zudem gebe es keine Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes.
Nur in einem obiter dictum führte das Gericht ergänzend aus, die Mutter habe ihre Zustimmung auch nicht widerrufen dürfen, dies wäre nur nach Maßgabe des § 313 BGB (Wegfall der geschäftsgrundlage) möglich gewesen, wenn sich die Umstände, die der Zustimmung zugrunde lagen, sich grundlegend geändert hätten, was aus den dargelegten Gründen nicht der Fall sei. Die Anwendung von vertragsrechtlichen Vorschriften auf Elternvereinbarungen ist m.E. nicht zulässig, dies berücksichtigt nicht, dass diese Vereinbarungen das Kind als nicht an dieser Vereinbarung beteiligten Dritten betreffen. In Alltagsangelegenheiten wie hier einer Urlaubsreise ohne konkrete Gefahren kann vielmehr jeder Elternteil allein entscheiden, der Zustimmung des anderen Elternteils bedarf es nicht, weshalb Vereinbarungen auch widerrufen werden können, gerichtliche Entscheidungen können hier nicht herbeigeführt werden. Vereitelt der andere Elternteil dennoch die Reise (hier hatte die Mutter den Grenzpolizeibehörden mitgeteilt, der Vater wolle unberechtigt mit dem Kind ausreisen, so dass der Vater die Reise nicht mit dem Kind antreten konnte, vgl. dazu KG v. 23.6.2017 - 13 WF 97/17, FamRZ 2017, 1708), kann er sich aber schadensersatzpflichtig machen.

 

© Dr. Stephan Hammer, Berlin